Der Seehafen Kiel ist zusammen mit den Häfen in Lübeck und Rostock wichtiger Bestandteil des Drei-Tore-Konzepts von Kombiverkehr im Verkehr mit den skandinavischen Ländern und dem Baltikum. Einfach Intermodal sprach mit Dr. Dirk Claus über die Zusammenarbeit zwischen Operateur und Hafen, über die Besonderheiten des Standortes und fragte nach seiner Einschätzung zur zukünftigen Entwicklung des Intermodalen Verkehrs von und nach Kiel.
Einfach Intermodal: Herr Dr. Claus, mit welchen drei Attributen würden Sie die Zusammenarbeit zwischen dem Port of Kiel und Kombiverkehr ganz spontan beschreiben?
Die Zusammenarbeit der Kombiverkehr mit dem Kieler Hafen ist partnerschaftlich, nachhaltig und leistungsorientiert. Es besteht ein freundschaftliches Verhältnis. Wir haben das gemeinsame Ziel, vermehrt Ladungseinheiten auf den umweltfreundlichen Verkehrsträger Schiene zu verlagern. Im Hinterlandverkehr des Kieler Hafens wurden im vergangenen Jahr so bereits 33.000 Trailer und Container auf Waggon umgeschlagen. Nie zuvor waren es mehr. Wir haben gleichwohl den Anspruch, diese Zahl weiter zu steigern.
Einfach Intermodal: Die intermodale Erfolgsgeschichte mit Kombiverkehr am Standort Kiel begann vor mehr als zwanzig Jahren. Wie hat sie sich seither entwickelt, welche Meilensteine sind für den Hafen und auch für Sie persönlich dabei herausragend?
Die Kombiverkehr hat immer zum Standort Kiel gestanden – auch in schwierigen Zeiten. Vor zwanzig Jahren wurden in Kiel gerade einmal 6.500 Ladungseinheiten im kombinierten Verkehr auf die Bahn verladen. Heute sind es fünfmal so viele. Neben den Shuttle-Zügen über Hamburg-Billwerder, die Kiel an das nationale wie internationale Netz der Kombiverkehr anbinden, haben Direktzüge – wie etwa nach Verona – diese Steigerung ermöglicht. Im Kieler Hafen haben wir Millionenbeträge in Gleisanlagen und Umschlagstechnik investiert: Ein neues Eisenbahnterminal entstand im Ostuferhafen und die Kombianlage am Schwedenkai wurde modernisiert sowie erweitert. Gleichzeitig hat die DB durch Ertüchtigung des hiesigen Rangierbahnhofes bereits wichtige Weichenstellungen auch für die Zukunft vollzogen. Die dynamische Entwicklung des kombinierten Ladungsverkehrs ist Ergebnis einer partnerschaftlichen Zusammenarbeit von Bahn, Reedereien und Hafen.
Einfach Intermodal: Was sind für Sie die entscheidenden „Must-haves“ eines Hafenstandortes in der heutigen Zeit?
Neben einer erstklassigen Hafeninfrastruktur – einschließlich des Grades der Digitalisierung – entscheiden die Hinterlandanbindungen über den Erfolg eines Standortes. Im Kieler Hafen werden pro Jahr weit mehr als 400.000 Lkw, Trailer, Container, Pkw, Anhänger und Busse umgeschlagen. Im Vor- und Nachlauf sind für uns leistungsfähige Nord-Süd-Verbindungen auf der Straße und Schiene von zentraler Bedeutung. Seeseitig verfügt Kiel über ein ausgewogenes Liniennetz in den Ostseeraum mit großen Kapazitäten und täglichen Abfahrten.
Einfach Intermodal: Und was macht dabei den Hafen Kiel einzigartig für Logistikunternehmen?
Kiel ist Marktführer im Linienverkehr mit dem Baltikum und West-Skandinavien. Die Reederei DFDS verbindet den Ostuferhafen neunmal je Woche mit Klaipeda in Litauen und bietet die höchste Abfahrtfrequenz in diesem Fahrtgebiet. Einzigartig sind die täglichen Direktverbindungen nach Norwegen und Westschweden. Color Line bietet neun Abfahrten je Woche mit drei Schiffen nach Oslo. Die Fähren der Stena Line nehmen jeden Abend vom Schwedenkai Kurs auf Göteborg. Ferner fahren die RoRo-Frachter von SCA Logistics zweimal je Woche an die schwedische Süd- und Ostsküste nach Malmö bzw. Sundsvall. Alle Kieler Fährterminals sind dabei direkt an den kombinierten Ladungsverkehr angeschlossen. Die Wege zwischen den Schiffen und Zügen sind extrem kurz.
Für mehr Klimaschutz ist der Seeweg mit Vor- und Nachlauf auf der Schiene die erste Wahl“
Einfach Intermodal: Wie schätzen Sie die weitere Entwicklung ein? Welche Megatrends werden diese beeinflussen?
Klimaschutz ist die Verantwortung unserer Zeit. Auch Warenströme zwischen Skandinavien / dem Baltikum und Kontinentaleuropa werden künftig noch nachhaltiger abgewickelt werden. Hier ist der Seeweg mit Vor- und Nachlauf auf der Schiene die erste Wahl. Unser Ziel ist es, das gesamte erwartete Mengenwachstum im Hinterlandverkehr auf die Bahn zu bringen. Bereits heute sehen wir im grenzüberschreitenden Verkehr verstärkt unbegleitete Einheiten. Dies hat Gründe, die weit über Corona hinausreichen und bietet viel Potenzial für den Schienengüterverkehr. Der kombinierte Ladungsverkehr ist wichtiger Baustein unserer Blue Port-Strategie auf dem Weg zum klimaneutralen Hafen.
Einfach Intermodal: Zum Schluss noch ein Blick in die Glaskugel: Wie viele Ladeeinheiten wird der Port of Kiel im Jahr 2035 umschlagen?
Entsprechend der Prognosen für den Kieler Hafen gehen wir davon aus, dass wir im Jahr 2035 rund neun Millionen Tonnen Güter (plus 30 %) in einem bis dahin erweiterten Hafenareal umschlagen werden. Wir wollen dann bis zu 90.000 Frachteinheiten im kombinierten Verkehr auf Waggon verladen. Es bieten sich beste Perspektiven für den umweltfreundlichen Schienengüterverkehr über den Kieler Hafen.
Einfach Intermodal: Herzlichen Dank für das Gespräch und den informativen Austausch, Herr Dr. Claus!
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