Wie man durch intelligente Beladung eine optimale Netzauslastung erreichen kann
Wenn man sich vorstellt, wie die Verladung von Ladeeinheiten im Kombinierten Verkehr heutzutage funktioniert, denkt man – zumindest, wenn man vor 1980 geboren ist – automatisch an Tetris, das komplexe puzzleartige Computerspiel, in dem verschiedene Formen möglichst schnell und lückenlos in einer Reihe platziert werden müssen. Eine herausfordernde Aufgabe, der man sich tagtäglich an den Terminals und in den KV-Agenturen stellt, wenn Bahnwagons mit intermodalen Ladeeinheiten beladen werden.
Jeder Umschlag einer Ladeeinheit von oder auf einen Bahnwaggon ist komplex, denn unterschiedliche Ladeeinheitstypen mit verschiedenen Längen, Höhen und Gewichten müssen mit Bahnwaggons unterschiedlichster Bauart und abweichenden Beladeeigenschaften kombiniert werden. Ein Sattelanhänger kann beispielsweise nur auf einen passenden Taschenwagen verladen werden und mehrere kurze, aber schwere Ladeeinheiten können schnell die maximale Zuladung eines einzelnen Waggons überschreiten, auch wenn diese von der Länge auf den Wagen passen würden.
Ziel ist also, die jeweilige Ladeeinheit zum dazu passenden Bahnwagen optimal zuzuordnen… Richtig, Tetris für Fortgeschrittene. Und somit eine Aufgabe, die IT-technisch am besten zu lösen ist.
Wir treiben die Digitalisierung des Intermodalen Verkehrs voran
Im Projekt KIBA (Künstliche Intelligenz und diskrete Beladeoptimierungsmodelle zur Auslastungssteigerung im Kombinierten Verkehr), das vom Bundesministerium Digitales und Verkehr gefördert wird, geht es genau um diese Lösungsansätze. Um eine ökonomische Netzauslastung zu erreichen, müssen die immer anspruchsvoller werdenden Ladevorgängen und Prozesse stärker digitalisiert werden.
Kombiverkehr übernimmt dabei die Rolle des Projektkoordinators. Gemeinsam mit unseren Partnern (der TU Darmstadt, der Deutschen Umschlaggesellschaft Schiene-Straße (DUSS) mbH, Bodenheim, der Goetheuniversität Frankfurt, VTG Rail Europe GmbH, Hamburg, INFORM GmbH, Aachen sowie KombiConsult GmbH, Frankfurt) bündeln wir unser Know-how zur Beladeoptimierung, um in Zusammenarbeit mit allen Beteiligten ein standardisiertes Kapazitätssteuerungs- und Verladeoptimierungssystem für Terminals und KV-Operateure zu entwickeln. Das Projekt KIBA läuft drei Jahr und ist in verschiedene Arbeitspakete aufgeteilt.
Was es genau mit diesem Projekt auf sich hat, haben wir den verantwortlichen Projektkoordinator, Christoph Büchner, Leiter IT bei Kombiverkehr, gefragt.
Eine effiziente und sichere Verladung ist Voraussetzung für ein leistungsfähiges und optimal ausgelastetes Netz im Kombinierten Verkehr. So weit, so logisch, aber dennoch leichter gesagt als getan.
Herr Büchner, was ist das Ziel von KIBA, wie kann man durch künstliche Intelligenz eine optimale Beladung erzielen?
Das generelle Problem bei einer Optimierungsberechnung ist, dass diese immer dann am besten funktioniert, wenn bereits alle benötigten Parameter zum Berechnungszeitpunkt bekannt sind. Bei den KV-Operateuren treffen die eingehenden Buchungen jedoch über einen längeren Zeitraum verteilt in das Buchungssystem ein. Aber der Mitarbeiter bzw. das System muss bereits beim Eingang der ersten Buchung eine Entscheidung über das Routing bzw. über den genauen Stellplatz auf einem Wagen entscheiden. Das zu diesem Zeitpunkt noch unvollständige Wissen über den weiteren Buchungsverlauf führt dazu, dass die Berechnung der optimalen Beladung mitunter sehr lang dauern kann – Zeit, die es für den Entscheidungsprozess insbesondere bei einer Wagenbeladung im Terminal nicht gibt.
Hier kommt jetzt die künstliche Intelligenz ins Spiel. Aus historischen Daten und vom System gesammelten Erfahrungen aus der Vergangenheit ist es möglich, bereits vor dem Eintreffen der letzten Transportinformationen eine realistischere Einschätzung hinsichtlich des zu erwartenden Aufkommens zu bekommen. Mit diesem zusätzlichen Input können jetzt die entwickelten Optimierungsmodelle wesentlich schneller zu einem optimalen Ergebnis kommen als ohne die KI-Unterstützung.
Im September haben sie mit dem Projekt gestartet. Was sind die ersten Schritte und Themen, die Sie gemeinsam mit den Partnern angehen?
Wir beginnen zunächst mit einer Bestandsaufnahme, bei der jeder Partner die Daten definiert, die er für die Erzielung seiner Projektergebnisse von einem der anderen Projektpartner benötigt. Parallel dazu starten wir mit dem Design der Wagenstammdatenbankmasken. Wir wissen, dass die für unsere Optimierungsberechnung benötigten Informationen in den heute bereits vorhandenen Datenbanken nicht enthalten sind, so dass wir gezwungen sind, diese Daten in einer neuen Datenbank erstmalig zu erfassen.
Und wie geht es weiter? Was sind die ersten Meilensteine, die ersten Projekterfolge?
Am Ende des 1. Quartals 2023 möchten wir die Graphiken für die Erfassungsmasken der Wagendatenbank fertiggestellt haben. Auf dieser Basis werden wir dann externe Softwarefirmen für ein Angebot zur technischen Umsetzung anfragen. Gleichzeitig wollen wir uns bis dahin über die auszutauschenden Daten und im besten Fall bereits über gemeinsame Datenformate verständigt haben. Perspektivisch sollen dann auch noch weitere Stammdaten (wie z. B. Terminal, Ladeeinheit, Fahrplan) über das neue System erfasst werden und für die Optimierungsberechnungen zur Verfügung stehen. Und schließlich sind wir natürlich sehr gespannt, was uns die ersten Optimierungsberechnungen für Ergebnisse liefern werden.
Herr Büchner, wir danken herzlich für das Gespräch und wünschen dem Projekt KIBA viel Erfolg.
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